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Der Mediziner
Adolf Zottl wurde am 28. Mai 1882 in Wörgl geboren.
Zwischen 1909 und 1916 war er Sekundararzt in St. Anna.1 Im Ersten Weltkrieg als Landsturmarzt eingezogen, geriet er 1915 in russische Kriegsgefangenschaft und arbeitete im Spital für Kriegsgefangene in Sibirien.2
In einer im Mai 1917 an den Steyrer Heimatdichter Gregor Goldbacher gerichteten Postkarte aus Ostsibirien, in der Zottl mitteilte, dass er gesund sei, er sich aber nach der Heimat sehne, schrieb er: „Wenn ich so bedenke, was ich in dieser Zeit (fast drei Jahre) zu Hause hätte leisten können, werde ich ganz schwermütig. Oft und oft wünsche ich, daß ich durch eine Kugel gefallen wäre, als hier derart nutzlos und zwecklos zu vegetieren. Chirurgisch habe ich mich in dieser ganzen Zeit nicht betätigt. Bitte, schreiben Sie bald und oft wieder. Eine Nachricht aus der Heimat hat für die Gefangenen wunderbare Wirkung.“3
Nach Steyr Ende November 1918 zurückgekehrt, betrieb er als praktischer Arzt eine Ordination in der Kirchengasse 16.4

Die Zeitzeugin Frieda Maria Meichenitsch berichtete von ihrer Arbeit als Fürsorgeschwester in der vom Roten Kreuz errichteten Tuberkulosen-Fürsorgestelle in der Sierningerstraße 115, an der Dr. Adolf Zottl als Fürsorgearzt für an TBC erkrankte Kinder und Erwachsene tätig war.5
Der Leiter dieser Dienststelle, Dr. Franz Nothaft, der Fürsorgearzt Dr. Adolf Zottl und ihr Team bemühten sich auch um die Unterstützung des Magistrates, die erkrankten Kinder in Erholungsheime zu schicken.6 Im Juni 1932 erhielt Dr. Zottl für seine Tätigkeit das „Ehrenzeichen zweiter Klasse“ vom „Roten Kreuz“ verliehen.7

Dr. Adolf Zottl (links) mit dem Team der Tuberkulosen-Fürsorgestelle

Die Krankheit
Die Krankenakte aus der „Oberösterreichischen Landes-Irren-Heil-und Pflegeanstalt Niedernhart“ berichtet, dass Dr. Adolf Zottl schon seit 1933 psychisch erkrankt war.8 Gemäß Gerichtsbeschluss vom 23.12.1935 wurde Dr. Zottl wegen „Geisteskrankheit“ voll entmündigt, zum Kurator seine Ehefrau Anna Zottl bestellt.9
Dr. Adolf Zottl befand sich in den Jahren 1934-1940 mehrmals als Patient in der Pflege- und Heilanstalt Niedernhart, zuletzt vom 13.05.1938 bis zum 12.06.1940.10
Zeitzeugen erzählten, dass sich Dr. Zottl nach dem „Anschluss“ 1938 geweigert habe, die Hakenkreuzfahne zu hissen, was auch von ihm selbst laut Krankenakte bestätigt wurde. Frieda Maria Meichenitsch berichtete auch, dass ihn SS-Männer in einer Nacht ohne Schuhe, nahezu unbekleidet abgeholt hätten.11
Die Ehefrau Anna Zottl bemühte sich 1938 und 1939 mehre Male, ihren Mann nach Hause zu holen, was er jedoch verweigerte.
Am 12.6.1940 endet die Krankenakte (Stammnummer 14076) mit dem Eintrag: „Transferiert in die Idiotenabteilung“, am Titelblatt steht unter dem selben Datum „entlassen: Linz Waldegg 82 (Idiotenabteilung).12

Die Ermordung
Laut Auskunft von Mag. Peter Eigelsberger ging an diesem Tag, den 12. Juni 1940, ein Tötungstransport von der „Landesirrenanstalt Niedernhart“ in die Tötungsanstalt Hartheim ab.13Im „Matricula Online“-Sterberegister der Stadtpfarre Steyr findet sich für den 22. Juli 1940 der Eintrag für den Tod von „Zottl Adolf“ mit der Angabe des Todesortes „Brandenburg a.H.“14
Damit ist erwiesen, dass Dr. Adolf Zottl in der NS-Euthanasieanstalt Hartheim ermordet wurde, sehr wahrscheinlich am 12. Juni 1940. Das angegebene spätere Todesdatum (22.7.1940) diente wie der angeführte Todesort „Brandenburg a.H.“ der Verschleierung der Ermordung in der „NS- Tötungsanstalt Schloss Hartheim“.

Seit Juni 2024 erinnert ein Stolperstein vor der Wohnadresse und der ehemaligen Ordination von Dr. Adolf Zottl, Kirchengasse 16, an sein Schicksal.

©Waltraud Neuhauser-Pfeiffer

Bildbeschreibungen und Fotocredit:
1: Dr. Adolf Zottl mit dem Team der Tuberkulosen-Fürsorgestelle, von links stehend: Dr. Adolf Zottl, Schwester Frieda Maria Meichenitsch, Dr. Karl Barchetti, sitzend: Dienststellenleiter Dr. Franz Nothaft (©Ing. Wolfgang Hack)


1 Vgl. Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender (StK) 1910, 121; 75 Jahre Landeskrankenhaus Steyr 1916-1991, Festschrift zum 75jährigen Bestehen des Landeskrankenhauses Steyr, 24

2 Vgl. StK 1915, 113; (Linzer) Tagespost, 8.1.1915, 5; ebd., 3.12.1915, 5; ebd., 19.1.1916, 5

3 (Linzer) Tagespost, 8.8.1917, 4

4 Vgl. (Linzer) Tagespost, 28.11.1918, 3; StK 1920, 99

5 StK 1929, 109

6 Zeitzeugenbericht von Frieda Maria Meichenitsch (Original im Besitz von Wolfgang Hack)

7 Vgl. Linzer Volksblatt, 12.6.1932, 7; (Linzer) Tagespost, 11.6.1932, 7

8 Dokumentationsstelle Hartheim, Krankenakte: Standes-Prot. Nr. 14076

9 Stadtarchiv Steyr (StA Steyr), Akt E-d Irre: Dr. Adolf Zottl

10 Dokumentationsstelle Hartheim, Krankenakte: Standes-Prot. Nr. 14076

11 Zeitzeugenbericht von Frieda Maria Meichenitsch (Original im Besitz von Ing.Wolfgang Hack); siehe auch:

Dr. Adolf Zottl. In: Steyrer Pioniere.URL: https://steyrerpioniere.wordpress.com/2012/01/02/dr-adolf-zottl/

(aufgerufen am 19.3.2024)

12 Dokumentationsstelle Hartheim, Krankenakte, Standes-Prot. Nr. 14076: Dr. Adolf Zottl

13 E-Mail von Mag. Peter Eigelsberger (Lern- und Gedenkort Schloss Hartheim, Dokumentationsstelle) vom 22.08.2023 

14 Steyr Stadtpfarre, Sterberegister 04, 302/04, URL: https://data.matricula-online.eu/de/oesterreich/oberoesterreich/steyr-stadtparre/302%252F04/?pg=103 (aufgerufen am 27.3.2024)

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